Montag, 1. März 2010

EIN SYNDROM HAT VERSPÄTUNG

In der 30-jährigen Geschichte meiner Schule hat sich schon früh ein ganz besonderes Syndrom zu erkennen gegeben, eine paranormale Erscheinung, die einen jeden Schüler der Oberstufe betrifft: Das S3-Syndrom .
Wenn jedem Schuljahr auf dem Gymnasium, selbst jedem Semester, ein Name zugeordnet würde, dann würden die einen oder anderen Bezeichnungen sicher stark durch die Pubertäts-Ära geprägt sein, die früheren Jahre handelten dagegen zum Beispiel von den ersten Schritten in die Eigenverantwortlichkeit und der ehrgeizigen "Grüppchen-Bildung".

S3 jedenfalls, sprich das erste Semster der 12. und (nun auch) letzten Klassenstufe, wird heute schlicht und ergreifend mit dem "S3-Syndrom" assoziiert. Es steht für das Ergebnis einer Studie, die von unterschiedlichsten Fachkräften über lange Zeiträume hinweg durchgeführt wurden sein soll. Sie stellt einen auffälligen Einbruch der schulischen Leistung der Oberstufler dar, der sich exakt mit Beginn des dritten Semesters charismatisch von allen anderen Schwankungen abhebt. Erklärungsansätze gibt es viele. Die einen meinen, es sei für einen durchschnittlichen Schüler kaum möglich, den anfänglich an den Tag gelegten Ehrgeiz über mehr als ein Jahr am Stück abzurufen. Andere sind sich sicher, das Problem lege woanders, zum Beispiel bei den Lehrern, die in Hinsicht auf die näher rückenden Abiturprüfungen ihre Anforderungen exorbitant in die Höhe schrauben. Wie auch immer man es erklären möchte, das S3-Syndrom gilt als unumgänglich und feste Hürde, die jeder einmal nehmen muss. Doch genau das möchte ich hier und heute anzweifeln.

Nicht nur durch meine Tätigkeit in der Schülerzeitung bin ich der genaueren Betrachtung bestimmter Umstände und der Recherche in eigener Sache nicht abgeneigt. Meine Dokumentationen haben ergeben, dass dieses Phänomen in keinster Weise wissenschaftlich zu begründen ist. Nicht nur haben die allermeisten der Befragten - wie auch ich - einen besseren Durchschnitt als noch in S2 zu verzeichnen, gleichzeitig scheint das Zeugnis des dritten Halbjahres sogar zwischen vielen anderen Zeugnissen der Vergangeneheit hervorzustechen - und das im positiven Sinne! Ich frage mich also, was ist dran am Mythos? Blieb er dieses Jahr einfach nur aus, kommt er vielleicht einfach nur mit Verspätung?
Eine Tatsache, die mich genau letzteres annehmen lässt, ist der Druck, den die G8-er dieser Welt in den letzten Monaten und Jahren auszuhalten hatten. Der Stoff von zwei Jahren, hineingequetscht in den Lehrplan eines Jahres. Nicht nur die offizielle Wochenstundenzahl von uns Schülern schraubte sich damit auf unverhältnismäßige 35 Wochenstunden hinauf (zum Warten verdammende Freistunden nicht miteinberechnet), sondern auch die Arbeit, die zu Hause am Schreibtisch geleistet werden musste verdoppelte sich kurzerhand. Setzte also das S3 Syndrom deswegen nicht ein, weil wir alle einfach viel zu busy waren? Konnten wir uns ein niederschmetterndes Aussetzersemester einfach nicht leisten?

Mit einem einfachen "Ja" könnte dieser Artikel hier und jetzt sein Ende finden, doch stattdessen möchte ich auf ein neues Phänomen aufmerksam machen, das ich aus aktuellem Anlass gerne das "S4-Syndrom" nenne. Witzig, nicht wahr?
Wer dachte S3 sei anders als S2, der hatte vermutlich a) Recht aber eben auch b) keinen blassen Schimmer, was im vierten und letzten Semester am Gymnasium auf ihn zukommen sollte. Ich muss gestehen, dieses Semester ist erst wenige Wochen alt, wurde ständig von irgendwelchen Ausflügen und LK-Reisen unterbrochen - aber dennoch gibt sich eine klare Linie zu erkennen.
Innerhalb der ersten beiden Tage des Halbjahres brummten mir die Lehrer ganze 4 (!) Referate auf, unglaubliche 12 Stunden Unterricht fielen bereits in der ersten Woche aus. Das zweite Februarwochenende brachte mich das erste Mal richtig zum nachdenken. Das Abitur war geschrieben, eine Woche Schule war vorrüber und doch war kein Anzeichen von Müdigkeit in Geist und Gliedern zu verzeichnen.

Inzwischen sind weitere Wochen vergangen, wir haben März, selbst der hartnäckige Schnee hat dem Lauf der Zeit kleinbei geben müssen. Nur eines ist geblieben: Meine wöchentliche Stundenanzahl hat sich von heulkrampf-provozierenden 35 Stunden auf betörende 25 Stunden heruntergeschraubt. In dem Moment der Fertigstellung dieses Artikels habe ich theoretisch noch 3 Stunden Schule, aber mein Physiklehrer scheint da anderer Meinung zu sein.

Es scheint, als würde die natürliche Trägheit des letzten Semesters durch das Ausbleiben des Horror-Semesters 3 zu ganz neuen Dimensionen aufgestiegen sein. Was das für Euch heißt, liebe Leser? Wenn ihr gerade das letzte Jahr an der Schule verbringt, genießt es! Und für mich heißt es: Zeit zum posten, posten, posten...

1 Kommentar:

  1. ...posten, bis der Arzt kommt - und das ist gut, denn deine Artikel sind wirklich gelungen und lesenswert! Ja, mir ist was aufgefallen: Die Kommentarfunktion, der Spiderman in der oberen rechten Ecke, die neue Überschrift (wobei ich persönlich die alte besser fand) und der Schriftzug: Save the Planet. Aber was hat der da oben verloren?

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