Montag, 15. März 2010

AUSGEKRAMT DER WOCHE - The 11th Hour

Lieber Leser,
wie du vielleicht weißt, gibt es so gewisse Dinge, die man schon seit einiger Zeit vor sich her schiebt und es somit immer und immer wieder versäumt diese von seiner ganz persönlichen to-do-Liste zu streichen. Ist es nach einigen Monaten oder Jahren endlich passiert, fasst man sich an den Kopf und bereut es, so lange damit gewartet zu haben. Nachdem ich diese Erfahrung das erste Mal in Bezug auf die geriffelten Paprikachips von Kaufland machen durfte (übrigens sehr zu empfehlen!), geschah es heute erneut: Ich konnte mich nach jahrelangem Hin-und Her und diversen anderen Klimafilmchen in der Videothek meines Vertrauens endlich dazu durchringen, zu Leonardo Di Caprio's The 11th Hour zu greifen.

Wenn ich wirklich ehrlich bin, habe ich mir nicht großartige Hoffnungen auf einen guten Film gemacht. Seien wir einmal ehrlich, die Fakten sprechen eine klare Sprache: Leonardo Di Caprio als Aushängeschild? Vielleicht eine nette Galleonsfigur am Bug der Titanic, aber niemand, den man allen Ernstes ins Rennen um das Retten unseres geliebten Planeten schicken sollte. Außerdem wurde der Film 2007 gedreht, zu einem Zeitpunkt, als von offizieller Seite eigentlich niemand mehr überzeugt werden musste, dass der Klimawandel wirklich anthropogene Ursachen hat. Oberflächlich betrachtet erscheint dieser Film also vielmehr als Marktidee, als ginge es einzig und allein darum, auf den von Al Gore und Konsorten ins Fahren gebrachten Zug aufzuspringen und vom Klima-Hype zu profitieren. Nun gut, wenn ich ehrlich bin, hatte ich nicht nur keine großen Hoffnungen, es war vielmehr als würde ich zum 2. Mal Fantastic Four einlegen und mich im Vorraus dafür ohrfeigen mit einem derart miserablen Film das Innere meines DVDPlayers zu beleidigen.

Es sollte anders kommen. Der Film hatte alles, was auch ein Al Gore Film zu bieten hatte. Zunächst einige Worte zu dem im Vorfeld so von mir geschändeten Leo Di Caprio. Sei es, weil er kein schlechter Schauspieler ist, wenngleich er 2001 bekanntlich für die Goldene Himbeere nominert war, oder aus einem anderen Grund; aber der damals 33-jährige wirkt in The 11th Hour wirklich, als wisse er, was er dort tut und warum. Ich versetzte mich in die Rolle eines egoistischen, uninteressierten, nebenbei die Sportzeitung lesenden alten Mannes, und selbst unter kritischster Beäugung konnte Leo mich der Klima-Thematik ein Stück näher bringen. Hut ab also dazu!

Abgesehen vom guten alten Di Caprio ging der Film sehr viel weiter als das übliche Faktendropping. Zwar wurde auch in diesem Film hier und da mit einigen Gradzahlen jongliert und mit Bildern von unterernährten afrikanischen Jugendlichen ein Unbehagen erzeugt, doch hatte der Film auch etwas, was ich bei An Inconvienient Truth vermisst habe: Er verkaufte das Umdenken und den sorgsamen Umgang mit den natürlichen Ressourcen unseres Planeten nicht als Hemmnis, das es zu überwinden gilt, nicht als Bürde, die uns auferlegt wird. Vielmehr waren die zu Wort gekommenen Klimaforscher, Ökologen und Ökonomen, Physiker und Psychologen einer Meinung, dass ein generelles Umschalten nicht nur unsere Technologie und Politik betreffe, sondern vor allem unsere Kultur, unsere Selbstwahrnehmung und unser Verständnis von Leben.
Es mag sehr komisch klingen, aber gerade ab der zweiten Hälfte wechselte der Film auf eine sehr spirituelle Schiene und stellte so grundlegende Dinge in Frage, dass mir persönlich der Mund vom Durst nach mehr trocken wurde. Ein Grund dafür war sicherlich der auf die Kehrseiten des Kapitalismus gelenkte Fokus. Im Kontrast zu den schier unzähligen Lösungsansätzen, um dem Klimawandel zum einen, und der generellen Schädigung unseres Planeten zum anderen entgegen zu wirken, wurde das Augenmerk auf die Hemmungen unseres Gesellschafts- und Regierungssystems gelegt. Besonders die Öl-Lobby bekam ganz gehörig ihr Fett weck und selbst die üblichen Verdächtigen wie George W. mussten dran glauben, ohne dass es im Stile von Michael Moore für Augenrollen gesorgt hätte.

Insgesamt steht dieser Streifen also seinen Vorgängern in rein gar nichts nach. Er beschränkt sich auf den Anspruch, motivierend und wachrüttelnd zu sein, und diese Art von Emotionen gehören erst einmal geweckt! Natürlich ist The 11th Hour kein Dokumentarfilm, dafür werden zu viele Teilgebiete der Ozeanographie oder der Klimatoligie einfach zu beiläufig erwähnt. Nimmt man ihn für das, was er ist, verdient er Lob und Respekt und definitv nicht, im Schatten von Al Gore unbemerkt zu bleiben. Denn nicht zu letzt kommt Regiesseurin Nadia Conners mit etwas mehr an, als einem müden "Plant a tree" am Ende einer Unbequemen Wahrheit.

1 Kommentar:

  1. Klingt gut, hatte bisher noch nichts von dem Film gehört. Werde ich mir mal anschauen, danke für den Tipp.

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