Samstag, 9. Januar 2010

DIE INSEL - THE ISLAND

ngewöhnlich aber angebracht: Vorab ein paar Worte zum Regisseur: Michael Bay wird den meisten ein Begriff sein, sein Name wurde beispielsweise zu Beginn jedem der beiden Transformers Teile eingeblendet. Doch schon lange vor dem Erfolg der Comic-Verfilmung war er den meisten - wenn auch unbewusst - sehr gut bekannt. Seine "größten Hits" landete der nächsten Monat 45 Jahre alt werdende Kalifornier mit Bad Boys I und II, Armageddon und Pearl Habor, kann damit also leider in den Kreis der kommerziell erfolgreichsten Filmemacher der Welt eingeordnet werden. Ganz besonders interessant ist auch seine Vorliebe für Remakes alter Horrorschinken aus einer längst vergangenen Ära. Die wahre Begebenheit des Amityville Horror, Freitag der 13. oder auch The Texas Chainsaw Massacre fluteten die Kinos mit Unmengen von Kunstblut. 2005 aber zauberte Bay aber einen "wahren Horrorfilm" aus dem Hut, diesmal auf der Basis des 1996 erschienenen Romans Spares von Michael Marshall Smith.
THE ISLAND
Der Inhalt des Films ist schnell erzählt, seine Nachwirkung dagegen hält mitunter - abhängig natürlich vom Publikum - lange an. Lincoln Six Echo (Ewan Mc Gregor) und Jordan Two Delta (Scarlett Johansson) leben in einem riesigen, unterirdischen Komplex unter Tausenden ein Leben, das der ständigen Kontrolle und Monotonie unterliegt. Sie gehen ihren weniger abwechslungsreichen Arbeiten nach, werden durch Körperkontakt-Verbote auf physischem Abstand gehalten und müssen die Regeln dieser strikten Gesellschaft einhalten. Die Erdoberfläche, so wird es ihnen regelmäßig erklärt, wurde in der Vergangenheit radioaktiv verstrahlt, nach der sogenannten "Kontaminierung" werden nur noch selten Überlebende gefunden. Der einzige Ort, der den Einwohnern dieser Einrichtung Hoffnung verleiht, ist Die Insel, der angeblich letzte Platz auf der Welt, der bewohnbar ist, ein wahrhaftiges Paradies.

Die Wahrheit allerdings ist schockierend. Die Einrichtung unterhalb der Erdoberfläche ist in Besitz eines der größten Unternehmen der Welt, dass zudem von der Regierung für seine "Organforschung" unterstützt wird. Die Bewohner der Anlange sind lebende Kopien von wohlhabenden Menschen aus der ganzen Welt, Klone, und dienen einzig dem Zweck, im Krankheitsfall ein gesundes Ersatzteillager zu bieten, Organe bereitzustellen oder Leihmutterschaften zu absolvieren. Ein "Zufallsgenerator" wählt täglich diejenigen Klone aus, deren Sponsoren ein neues Organ oder - trotz Unfruchtbarkeit - ein eigenes Kind haben möchten.

Während jeden Tag einer der vielen Bewohner per Zufallsgenerator, der "Lotterie", ausgewählt wird, um "auf die Insel zu ziehen", scheint Lincoln Six Echo der einzige zu sein, der das System hinterfragt. In seinen Träumen wird er mit Dingen konfrontiert, die er nie zuvor gesehen hat. Seine Zweifel häufen sich, als er in einem verbotenen Trakt eine lebende Motte fängt, die aufgrund der Verstrahlung eigentlich nicht überlebt haben dürfte. Als er die Motte später frei lässt, um ihrem Ursprung auf den Grund zu kommen, wird er Zeuge der Tötung zweier vermeindlicher Lotteriegewinner. Er begreift, dass es die Insel nicht geben kann, und verhilft sich und Jordan Two Delta, die bereits von der Lotterie ausgewählt worden ist, und für die er verbotenerweise Gefühle entwickelt hat, zur Flucht.
Im Kampf um ihr Leben und ihre Freiheit werden sie von dem Inhaber der Einrichtung, Merrick (Sean Bean), und dessen angeheuerten Kopfgeldjäger Albert Laurent (Djimon Hounsou) verfolgt.
Während der skrupellosen Verfolgungsjagd und auf ihrer Suche nach ihren Sponsoren, haben Jordan Two Delta und Lincoln Six Echo die Hoffnung, ihre Spender von der unmoralischen Vorgehensweise Merricks überzeugen zu können. Als sich diese allerdings von den Morden unbeeindruckt zeigen, und diese durch die Verlängerung ihrer Lebenszeit rechtfertigen, nehmen Jordan und Lincoln ihr Schicksal - und das Tausender von Klonen - in die eigene Hand...
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Michael Bay erfindet mit The Island das Rad natürlich nicht neu. Die Geschichten über das Klonen von Menschen und die damit verbundenen moralischen Kernfragen sind so alt wie die Genforschung selbst. Trotzdem bietet der Film allerlei Gesprächsstoff und Denkanregungen. Eine Gesellschaft, die Menschen züchtet, um am Leben zu bleiben? Geht das in Ordnung? Wo hört die Wissenschaft auf, wo fängt es an, verwerflich zu werden?

Auch die schauspielerischen Leistungen müssen natürlich der Bewertung unterzogen werden. Die Hauptrollen sind mit "der kleinen aus Der Pferdeflüsterer", Scarlett Johansson, und mit Star Wars- und Trainspotting-Star Ewan Mc Gregor besetzt. Schade nur, dass eine überzeugende Leistung teilweise nur schwer nachzuweisen ist, wenn die Protagonisten in ihren weißen, sterilen Klon-Anzügen aussehen, wie einen Hauch zu modebewusster Pseudo-Sportler. Sean Bean's Charakter wird recht überzeugend umgesetzt, der Gott-Komplex, der ihn über die Grenzen der Menschlichkeit hinwegsehen lässt, wird dabei allerdings auf sehr fragwürdige Weise von Dijmon Hounsou alias Albert Laurent kritisiert. Dessen Abstammungsgeschichte wird dabei nahezu in einen unbedeutenden Nebensatz mit eingebettet. Zu wenig, wenn man bedenkt, dass er am Ende zu den wenigen Helden des Filmes gezählt werden soll.
Der Film ist mit seinen 130 Minuten in etwa so lang wie der Epos Fightclub, die für den Verlauf mit Relevanz versehenen Minuten bringen es dabei wohl nicht einmal auf die Hälfte. Die Action-Szenen machen auf großer Leinwand einiges her, das hat ja auch bei Bay's Armageddon niemand bestreiten wollen. Dennoch verliert der Film dadurch unnötig an Überzeugungskraft. Denn nach einem guten Dutzend Szenen, in denen die Protagonisten durch pures Glück am Leben bleiben, erscheinen diese einem nicht mehr als Klone, sondern schlichtweg als unsterbliche Cyborgs.

F A Z I T
Nichtsdestotrotz ist The Island - wegen seiner Thematik, nur teilweise wegen seiner Umsetzung - ein guter Film, in dem Sinne, dass er Emotionen weckt. Viele Negativpunkte, die oben genannt wurden, fallen beim eigentlichen Anschauen des Filmes nicht weiter schwer ins Gewicht. Erst beim zweiten Hinsehen merkt man, was wo fehlt und was vielleicht hätte weggelassen werden können. Stichwort Product Placement: Hier haben sich die Profitgeier der Werbebranche selbst übertroffen, dass es sogar an den Unis gelehrt werden könnte. Egal ob sie Puma, Adidas, Speedo, Reebok oder Calvin Klein tragen, egal ob XBox gespielt oder am Apple Mac gearbeitet wird, Chervolet oder Cadillac gefahren, mit American Express gezahlt oder mit Nokia telefoniert wird.
Spätestens dieser Film ruft der einfachen, nichts-ahnenden Couchpotato wieder ins Gedächtnis, was für Millionenbeträge hier eigentlich fließen.
Alles in allem rettet aber der moralische Touch in diesem Falle das Kunstwerk - und da hat sich Michael Bay - das darf nicht vergessen werden - einem Roman bedient. Wieso dieser Film in meiner TOP10 vorkommt? Naja, wer weiß, wie lange er dort noch bleibt...

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